Ein Besuch bei den ersten Bauern im Südharz

Letzte Aktualisierung am 14. August 2019

Wo liegt eigentlich das nachweislich älteste Dorf Thüringens? Klar. In der Goldenen Aue, südlich von Nordhausen, am Südharzrand. Und man kann es besuchen…

Das komplett erhaltene Grab eines etwa sechs Jahren alten Kindes war bei den Ausgrabungen entdeckt worden.

Wasser plätschert leise, eine Kuh muht, Ziegen meckern. In der Ferne hämmert jemand mit Werkzeug. So könnte sich das Leben im nachweislich ältesten Dorf in der Goldenen Aue angehört haben. Heute rauscht hier der Verkehr über die A 38. Aber schon vor vielen tausend Jahren, war die Aue des Flusses Helme zwischen Harz und Kyffhäusergebirge eine beliebte Wohngegend, wie man heute sagt.     

Mirjana Culibrk kennt sich mit der Besiedlung der Goldenen Aue aus.

Vor über 7500 Jahren haben Menschen hier zum ersten Mal einen Acker bestellt, Häuser gebaut und Vieh gezüchtet. „Ab etwa 5350 vor unserer Zeitrechnung wurde die Region zwischen Harz und Kyffhäuser in der Jungsteinzeit erstmals Heimat für Menschen“, sagt Mirjana Culibrk. Die gebürtige Norddeutsche muss es wissen, sie ist die Leiterin des neuen Museums im Schloss Heringen.

Dort kann man in einer neuen Dauerausstellung dem ältesten nachgewiesenen Dorf Thüringens näher kommen. Es ist aber auch das älteste nachgewiesene Dorf im Südharz zwischen Sangerhausen und Nordhausen und es markiert den Beginn der Jungsteinzeit in der Region. „Die Siedlung bestand aus fünf bis sieben Hütten“, erzählt Mario Küßner. Er ist Nordthüringer Gebietsreferent am Landesamt für Archäologie in Weimar.

Etwa 250 Funde werden gezeigt

Entdeckt worden ist das Steinzeit-Dorf bei Ausgrabungen in den Jahr 2011 bis 2014 für das Industriegebiet Goldene Aue bei Bielen. Es war nicht nur das bisher größte Grabungsprojekt in der Goldenen Aue. Es war auch das mit den meisten und spektakulärsten Funden. 250 davon werden nun dauerhaft in der modernen und  mitunter auch interaktiven Ausstellung gezeigt. Unter anderem das Grab eines etwa sechs Jahre alten Kindes, Gefäße, Scherben und Schmuck.  

Jede Menge steinzeitliche Keramik…

Auch wenn das Dorf im heutigen Thüringen liegt, nur wenige Kilometer hinter der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt: Die Siedlungsgeschichte der Goldenen Aue muss in Gänze betrachtet werden. „Wenn man rund um Sangerhausen eine ähnlich große Fläche archäologisch untersuchen würde, käme man mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem ähnlichen Bild“, sagt Küßner. Vor genau zehn Jahren entdeckten Archäologen beispielsweise bei Ausgrabungen am heutigen Autobahndreieck Südharz bei Niederröblingen ähnlich alte Funde, unter anderem einen  7000 Jahre alten hölzernen Kastenbrunnen.

Erste Südharzer Bauern waren Einwanderer

Das Steinzeit-Dorf bei Bielen steht also exemplarisch für die Besiedlungsgeschichte der gesamten Goldenen Aue. Die Menschen, die sich hier um 5350 vor Christus niedergelassen haben, waren Einwanderer aus dem Südosten, dem heutigen Asien. Sie brachten alles mit, was sie zum Leben brauchten: Werkzeuge, Saatgut und Tiere. In der Goldenen Aue fanden sie fruchtbare und leicht zu bearbeitende Böden, die Helme als Lebensader.

Seit dieser Zeit ist die Region zwischen Harz und Kyffhäuser dauerhaft besiedelt. „Die Region ist kulturgeschichtlich einzigartig. Sie weist mehrere Besiedlungsphasen auf. Das zeigt, wie begehrt und fruchtbar dieses Land für die Menschen von damals war“, ergänzt Museumsleiterin Culibrk.

Steinzeitlichen Kalender gefunden

Der spektakulärste Fund ist eine Kreisgrabenanlage aus der Mittelsteinzeit, die quasi zur selben Zeit gebaut worden ist, die wie das Sonnenobservatorium in Goseck (Burgenlandkreis).  Unweit des Dorfes errichteten die Nachfahren der ersten Bauern  das monumentale Bauwerk aus mehreren Palisadenringen mit verschiedenen Eingängen. 

Das Sonnenobservatorium bei Bielen ist durch Luftaufnahmen entdeckt worden…

Vermutlich diente das Observatorium als Treffpunkt und vor allem als steinzeitlicher Kalender. Ein Modell zeigt, wie der im Zusammenspiel mit der Sonne funktioniert hat. Das bäuerliche Jahr erhielt damit wohl ab 4650 vor Christus erstmals eine feste Struktur.

Goldene Dame trug fast 500 Hundezähne

Das Grab der Goldenen Dame ist ausgestellt.

Auch die „Dame der Goldenen Aue“ ist ein einzigartiger Fund. Sie lebte gut 2000 Jahre später. Als sie begraben wurde, trug die Frau einen Mantel und eine Tasche, die mit fast 500 Hundezähnen und mehreren tausend Muscheln besetzt waren. Sie war ohne Zweifel so prunkvoll gekleidet, wie wohl nur wenige Frauen in ihrer Zeit.  

Die neue Dauerausstellung ist in Zusammenarbeit der Interessengemeinschaft des Heringer Schlosses, dem Land Thüringen und dem Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie erarbeitet worden. Noch bis 2023 soll die Dauerausstellung die Geschichte der Goldenen Aue bis zur Neuzeit erweitert werden. 

Auch für Schulklassen lohnt sich der Besuch. Die Schüler erhalten hier nicht nur einen Blick in die Geschichte der Südharzregion. Die Ausstellung erzählt stellvertretend auch die Geschichte vom Werden der Menschheit, wie wir sie kennen.

Das ist ein redaktioneller Beitrag ohne Auftrag und ohne Bezahlung!


Alles Wichtige noch einmal im Überblick:

Öffnungszeiten und Eintrittspreise: Wenn ihr die Dauerausstellung „Das älteste Dorf Thüringens“ im Heringer Schloss besuchen wollt, dann könnt ihr das an folgenden Tagen tun:

  • Dienstag bis Freitag jeweils von 10 bis 17 Uhr
  • am Wochenende von 10 bis 16 Uhr

Der Eintritt beträgt 4,50 Euro, und erlaubt den Zutritt zu allen Ausstellungsräumen des Schlosses, nicht nur zum Museum. Die ermäßigte Karte kostet 3,50 Euro.

Das Schloss Heringen.

Das Museum findet ihr im Heringer Schloss, Schlossplatz 1, in 99765 Heringen/Helme.

Werbung

4 Comments

  1. Steffi Wetzel said:

    Danke für den interessanten Artikel, wir werden auf alle Fälle in nächster Zeit die Ausstellung in Heringen besuchen.

    12. Januar 2020
    Reply
    • Danke für den Kommentar, die Ausstellung lohnt sich!

      12. Januar 2020
  2. Birgit said:

    zu erwähnen wäre vllt noch,dass jeden Dienstag eine offene Führung ab 16 Uhr ist, wo die Kuratorin zu der Ausstellung ausführliche Vorträge gibt. Wer sich aber die anderen drei Etagen ansehen möchte,sollte schon vorher kommen, um diese zu besichtigen. Führungen können auch angemeldet werden,ab einer Personenzahl von 5. Der ermäßigte Eintritt kostet nur 3 Euro und die Führung jeweils 2,50 Euro zusätzlich. Anmeldungen unter 036333 73888

    19. Januar 2020
    Reply
    • Liebe Birgit, danke für die zusätzlichen Infos zur Ausstellung. Werde ich im Text noch ergänzen. VG Susanne

      19. Januar 2020

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.