Ein Abschied am Beckenrand

Rote Badehose, rotes Sonnencap, Sonnenbrille und braungebrannt: So kennen die Badegäste Niedersachswerfens Schwimmmeister Jens Blumenthal – ein Urgestein im Südharz. Nach 40 Jahren im Dienst am Becken ist für den 65-Jährigen jetzt Schluss.

Am Sonntag, im Rahmen des Freibadfestes, übergab der Nordhäuser die Badschlüssel an seinen jungen Nachfolger Felix Etzrodt. Der 23-jährige Fachangestellte für Bäderbetriebe wird das Bad ab kommendem Jahr leiten. Die Gemeinde Harztor hat den Ilfelder selbst ausgebildet. „Fachpersonal auf dem Arbeitsmarkt zu finden, ist wie ein Sechser im Lotto. Deshalb haben wir uns um den Nachwuchs rechtzeitig selbst gekümmert“, sagte Harztor-Bürgermeister Stephan  Klante. Er bedankte sich gemeinsam mit Ortschaftsbürgermeisterin Katrin Schönemann bei Jens Blumenthal für dessen Einsatz am Becken. „Das sieht immer so entspannt aus, aber wenn hier im Bad Hochbetrieb herrscht, ist die Badeaufsicht ein sehr anstrengender Job“, wertschätzte Klante die Arbeit des Schwimmmeisters.

Letzte Saison war noch mal spitze

Für Blumenthal war die letzte Saison nach zwei Corona-Jahren mit Abstand und Besucherbegrenzung noch einmal ein „Spitzensommer“, wie er sagt. Mehr als 25.000 Besucher waren bis Ende August im Bad. An insgesamt sechs Tagen suchten  jeweils mehr als 1.000 Menschen in diesem Rekordsommer Abkühlung. „Ab 500 Gästen wird es stressig. Dann sind wir immer an den Becken unterwegs. Müssen immer alles im Blick haben, vor allem die Rutsche, die Überhänge zwischen den Becken, damit keine kleinen Kinder ins Schwimmerbecken fallen, den Springerbereich und das Schwimmerbecken selbst. Alles außerhalb der Becken blenden wir dann aus“, erklärt Blumenthal, wie er und seine Kollegen an heißen Tagen die Übersicht behalten.

In seinen 40 Dienstjahren musste der Nordhäuser nur viel Mal ins Becken, um Menschen zu retten. Ertrunken ist niemand. „Zum Glück“, sagt Blumenthal. Als Schwimmmeister muss man das Glück auf seiner Seite haben.

Das Schwimmbad ist ein eigener Kosmos

Die meisten Unfälle, so Blumenthal, passieren außerhalb des Beckens: Stürze, Knochenbrüche, Insektenstiche, ausgeschlagene Zähne, Kreislaufprobleme. Doch als Schwimmmeister war Blumenthal nicht nur medizinischer Ersthelfer, sondern auch Sozialarbeiter, Streitschlichter. Denn das Schwimmbad ist ein Kosmos für sich. Hier treffen alle aufeinander: Familien mit kreischenden Kindern, gemächliche Bahnenschwimmer, halbstarke Halbwüchsige, Menschen aus verschiedene Nationen. „Es gab und gibt immer mal Probleme, bei denen ich deeskalierend eingreifen musste“, sagt Blumenthal. Seine Erfahrung habe ihm dabei immer geholfen, wieder Ruhe ins Becken und auf die Liegewiese zu bringen.

Was er vermissen wird? „Die freie Arbeit an der frischen Luft. Den Kontakt mit den Menschen“ Wobei. Ganz verabschieden wird sich Blumenthal nicht. „Ich habe der Gemeinde zugesagt, noch als Springer auszuhelfen, so dass die Kollegen im Sommer auch mal einen Tag frei machen können“, sagt Blumenthal. Immerhin hat Harztor drei Freibäder. Und dann wird er im kommenden Sommer noch ab und zu am Beckenrand stehen. In roter Badehose, Kappe und mit Sonnenbrille.

Das Freibad in Niedersachswerfen ist das modernste Bad im Landkreis Nordhausen und hat vom 15. Mai bis 15. September geöffnet.

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