Fabelhafte Frauen: Neun Künstlerinnen und 110 Werke

Klar. Corona hat auch im Kunsthaus Meyenburg so einiges durcheinander gebracht. Eigentlich sollte die Ausstellung „Aus weiblicher Sicht“ erst viel später im Jahr gezeigt werden. Doch weil der Großteil der ausgestellten Werke im Archiv des Kunsthauses lagert, war es für Kunsthaus-Chefin Susanne Hinsching nur logisch, die Schau vorzuziehen. Denn Corona macht es für die Kunstwelt nicht einfach, sei es Leihgaben aus anderen Städten zu organisieren oder Workshops mit Künstlern anzubieten.

Kraniche von Marlies Müller.

Und nun hängen die Werke von Maria Becker-Diedelt, Margret Böning, Ilsetraut Glock, Eva Groh,  Karin Kisker, Marlies Pape, Maria Schmidt-Franken, Ilse Spangenberg und Ute Zyrus an den farbenfrohen Wänden in der einstigen Zeitungsverlegervilla und warten nur darauf, endlich gesehen zu werden.

Ilse Spangenberg ist eine Vertreterin des Sozialistischen Realismus‘.

Der Betrachter kann dabei so manch überraschende Entdeckung machen: Beispielsweise bei den Harzbilder von Maria Schmidt-Franken. Der Harz, den die 1888 geborene Künstlerin in ihren Landschaftsstudien festhielt, sieht kaum anders aus, als unser heute von Klimawandel und Borkenkäfer geschädigter Wald.  

Maria Schmidt-Franken und ihr Blick auf den Harz.

Oder die Federzeichnungen von Maria Becker-Diedelt, die einen Einblick in das damals noch nicht zerstörte Nordhausen in den 1920er und 1930er Jahren geben.

Oder das Triptychon, das Karin Kisker zum 50. Jahrestag der Bombardierung Nordhausens am 3. und 4. April 1945 gefertigt hat. Die vier Bilder zeigen sinnbildhaft die Zerstörung Nordhausens in expressiver Farbgebung von Schwarz und Rot. Die Leihgabe hängt sonst in der Vorstands-Etage der Kreissparkasse. Jetzt können die Bilder auch die Nordhäuser sehen. 

Das Triptychon von Karin Kisker.

Oder das Käthe-Kollwitz-Relief von Margret Böning. Knapp ein Jahr lebte Kollwitz, vom 3. August 1943 bis zum 20. Juli 1944, bei Böning in Nordhausen. Von dieser Plastik wurden zehn Abgüsse hergestellt, die sich unter anderem in Leipzig, Kassel, den USA, in Amsterdam und in Darmstadt befinden.


Interview mit Kunsthaus-Chefin Susanne Hinsching

Frau Hinsching, wie ist denn die Idee entstanden, eine Ausstellung nur den Künstlerinnen zu widmen?

Susanne Hinsching: Wir hatten vor einigen Jahren eine Ausstellung mit Nordhäuser Künstlern. Die ist sehr gut angekommen. Und in dem Zusammenhang dachte ich, warum nicht auch einfach mal die Künstlerinnen in den Vordergrund stellen. Wir haben in Nordhausen sehr viele Künstlerinnen. Die neun, die wir in der Ausstellung präsentieren, sind bei weitem nicht die einzigen.  Mit unserer Auswahl zeigen wir aber eine Entwicklung von über 100 Jahren. Viele der Werke, die wir hier sehen, stammen aus der städtischen Sammlung. Und im Moment ist es aufgrund der Coronasituation einfacher Ausstellungen vorzubereiten, bei denen man zum großen Teil auf den eigenen Bestand zurückgreifen kann. 

Welche der neun Künstlerinnen hat Sie am meisten beeindruckt?

Susanne Hinsching: Ach ich glaube, das ist ganz schwer zu sagen. Jede der Neun hat eine eigene künstlerische Handschrift. Bei der Vorbereitung der Ausstellung habe ich bei jeder Künstlerin etwas entdeckt, das mich sehr fasziniert hat. Ob das  bei Maria Becker-Diedelt die Portraits einer alten Frau sind, oder auch bei Marlies Pape eindrucksvolle Portraits und die Skizzen oder die Stadtansicht des Hamburger Hafens von Maria Schmidt-Franken. Natürlich bin ich ein großer Fan von Ilsetraut Glock, unserer großen Mäzenin. Eine Favoritin habe ich aber nicht wirklich. Wenn man sich mit den Künstlerinnen beschäftigt, gibt jede ihr Geheimnis ein bisschen preis, wenn man sich dem nur widmet. Und wenn man ihre Werke nebeneinander sieht, kann man sie einerseits miteinander vergleichen und stellt dennoch fest, jede ist einzigartig. Das finde ich schon faszinierend.

Viele der ausgestellten Künstlerinnen sind Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts geboren. Welchen Schwierigkeiten mussten sich diese Frauen stellen?

Susanne Hinsching: Gerade die frühen Künstlerinnen wie Maria Schmidt-Franken oder Maria Becker-Diedelt hatten mit ihrer Zeit zu kämpfen. Frauen waren im ausgehenden 19. Jahrhundert in der Kunst überhaupt nicht gern gesehen. Sie waren nicht an den künstlerischen Akademien zugelassen, durften nur Privatunterricht nehmen. Sie duften auch nicht alle Motive malen, die sie wollten, Aktmalerei gab es für Frauen überhaupt nicht. Sie waren beschränkt auf Landschaftsdarstellungen oder Stillleben. Sie hatten Einschränkungen und mussten sich behaupten, um ihrer künstlerischen Intension nachzugehen. Das sieht man auch bei den Nordhäuser Künstlerinnen sehr deutlich.


Wann hat die Ausstellung geöffnet?

Das Kunsthaus Meyenburg ist von Mittwoch bis Samstag von 13 bis 17 Uhr und am Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Aufgrund der niedrigen Inzidenzwerte sind aktuell keine Tests notwendig, jedoch müssen die allgemeinen Hygieneregeln – Maskenpflicht, Abstandshaltung und Kontaktnachverfolgung – eingehalten werden.

Auch der Garten ist einen Besuch wert

Übrigens: Den Garten des Kunsthauses Meyenburg könnt ihr bei einem Spaziergang erleben. Das Tor steht immer bis 17 Uhr offen.

Auch ein virtueller Rundgang durch das Kunsthaus Meyenburg ist möglich. Hier könnt ihr viel über die Geschichte der außergewöhnlichen Jugendstilvilla erfahren.   

Kunsthaus Meyenburg
Alexander-Puschkin-Str. 31
99734 Nordhausen
Telefon: 0 36 31 / 88 10 91


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